Infos zum neuen Wahlrecht
Die Zweitstimme hat an Bedeutung gewonnen –
trotz eines gewonnenen Wahlkreises besteht die Gefahr, nicht in den Bundestag einzuziehen
Liebe Bürgerinnen und Bürger,
im Juni 2023 ist ein neues Wahlrecht in Kraft getreten. Wie das bisherige Wahlrecht weist auch das neue Wahlrecht den Grundcharakter der Verhältniswahl auf. Ziel der jüngsten Änderung des Wahlrechts ist die Verkleinerung des Deutschen Bundestages und die Vorhersehbarkeit von dessen Größe.
Zwar lag nach dem alten Wahlrecht die gesetzliche Regelgröße bei 598. Aufgrund von Überhang- und Ausgleichsmandaten war die tatsächliche Bundestagsgröße jedoch erheblichen Schwankungen unterworfen und war nach der Wahl des 20. Deutschen Bundestages (26.09.2021) auf 736 Abgeordnete angewachsen. Mit dem neuen Wahlrecht wird die Zahl der Abgeordneten gesetzlich auf 630 beschränkt. Die Anzahl der Wahlkreise bleibt unverändert bei 299.
Erst- und Zweitstimme bleiben erhalten
Auch künftig können bei der Wahl zum Deutschen Bundestag zwei Stimmen abgegeben werden: die Erststimme für einen Wahlkreisbewerber vor Ort in einem der Wahlkreise und die Zweitstimme für die Landesliste einer Partei.
Wichtig: Maßgeblich für die proportionale Zusammensetzung des Bundestages ist allein das Ergebnis der Zweitstimmen. Denn aus dem Zweitstimmenergebnis ergibt sich die Zahl der Sitze, die einer Partei im neu gewählten Parlament zukommen. Überhang- und Ausgleichsmandate, die nach dem früheren Wahlrecht noch in einem späteren Schritt hinzugerechnet wurden, entstehen nicht mehr.
Verteilung der Sitze auf Landeslisten
Zunächst wird in der sogenannten Oberverteilung bestimmt, wie viele Sitze einer Partei bundesweit nach ihrem Zweitstimmenanteil zustehen (Parteienproporz).
In einem nächsten Schritt, der sogenannten Unterverteilung, werden die Sitze der jeweiligen Partei auf die Landeslisten dieser Partei verteilt (föderaler Proporz innerhalb einer Partei). Dies richtet sich nach dem Verhältnis der Zahl der Zweitstimmen, die auf die unterschiedlichen Landeslisten einer Partei entfallen.
Verteilung der Sitze auf Kandidaten
Die auf diese Weise ermittelte Zahl der Sitze, die einer Partei in einem Bundesland zustehen, bildet zugleich die Höchstzahl der möglichen Wahlkreisabgeordneten dieser Partei in dem jeweiligen Bundesland. Zur Verteilung der einer Partei nach dem Zweitstimmenergebnis zustehenden Sitze werden zunächst die Wahlkreisbewerber, die in ihrem Wahlkreis die relative Mehrheit der Erststimmen erlangt haben, nach ihrem Stimmanteil gereiht. Entsprechend dieser Reihung werden dann – begonnen mit dem relativ höchsten Stimmanteil – die einer Partei in einem Bundesland zustehenden Sitze den erfolgreichen Wahlkreisbewerbern zugeteilt. Wenn allen erfolgreichen Wahlkreisbewerbern dieser Reihung ein Sitz zugeteilt wurde, der Partei in dem Bundesland aber nach dem Zweitstimmenergebnis noch weitere Sitze zustehen, werden diese nach der Landesliste vergeben.
Falls im umgekehrten Fall das nach dem Zweitstimmenergebnis zur Verfügung stehende Sitzkontingent früher ausgeschöpft ist als die Reihung der erfolgreichen Wahlkreisbewerber, wird den Wahlkreisbewerbern mit den schwächsten Erststimmenergebnissen kein Sitz mehr zugeteilt. Ein Wahlkreisbewerber, der seinen Wahlkreis nach Erststimmen »gewinnt«, erlangt also nur dann einen Sitz, wenn auch eine ausreichende Deckung mit Zweitstimmen für die Landesliste seiner Partei vorliegt. Ist dies nicht der Fall, zieht der Wahlkreisgewinner nach Erststimmen nicht in den Bundestag ein. Eine relative Mehrheit der Erststimmen in einem Wahlkreis garantiert also für sich genommen noch keinen Sitz im Bundestag. Der Wahlkreis würde in diesem Fall der fehlenden Zweitstimmendeckung vakant bleiben. Dieses sogenannte Verfahren der Zweitstimmendeckung ist eine der wesentlichsten Änderungen des neuen Wahlrechts. Eine Ausnahme hiervon gilt für parteiunabhängige Wahlkreisbewerber: Diese erringen einen Sitz unmittelbar aufgrund einer relativen Mehrheit der Erststimmen im Wahlkreis.
Sperrklausel (Fünf-Prozent-Hürde)
An der bundesweiten Verteilung der Sitze auf die Parteien entsprechend ihrem Zweitstimmenergebnis (soge
nannte Oberverteilung, s.o.) nehmen – wie nach dem bisherigen Wahlrecht – nur solche Parteien teil, die bundesweit mindestens fünf Prozent der abgegebenen gültigen Zweitstimmen erhalten haben. Für Parteien nationaler Minderheiten gilt diese Sperrklausel nicht.
Die früher bestehende sogenannte Grundmandatsklausel ist mit der Wahlrechtsreform 2023 entfallen. Danach zog eine Partei auch dann mit den ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustehenden Sitzen in das Parlament ein, wenn auf sie zwar weniger als fünf Prozent der Zweitstimmen entfielen, sie aber Direktmandate in mindestens drei Wahlkreisen erlangte. Über diese Regelung konnte die Partei Die Linke nach der Bundestagswahl 2021 entsprechend ihrem Zweitstimmenergebnis mit 39 Abgeordneten in den Bundestag einziehen, obwohl bundesweit nur 4,9 Prozent der Zweitstimmen auf sie entfielen, sie aber Direktmandate in drei Wahlkreisen errungen hat.
Aus dem Zusammenwirken der Fünf-Prozent-Klausel, dem Wegfall der Grundmandatsklausel und dem Erfordernis der Zweitstimmendeckung folgte nach dem Bundeswahlgesetz 2023 zunächst, dass, auch wenn Kandidaten einer Partei in mehreren Wahlkreisen die meisten Erststimmen erhalten, die Partei aber bundesweit weniger als fünf Prozent der Zweitstimmen erhält, dieser Partei insgesamt keine Sitze zugeteilt werden. Diese Folge der Wahlrechtsreform wurde durch eine mit Urteil vom 30. Juli 2024 getroffene Anordnung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) allerdings abgemildert.
Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Wahlrechtsreform 2023
Das BVerfG hat die Wahlrechtsreform mit Urteil vom 30. Juli 2024 im Wesentlichen gebilligt, die Sperrklausel in ihrer jetzigen Ausgestaltung aber für verfassungswidrig erklärt (Urteil vom 30.07.2024 – 2 BvF 1 / 23 u.a.).
Der Gesetzgeber ist nun verpflichtet, den Verfassungsverstoß zu beseitigen. Hierzu hat er verschiedene Abhilfemöglichkeiten: Er kann sich auf die vom BVerfG beanstandete Konstellation beschränken und eine gemeinsame Berücksichtigung kooperierender Parteien im Rahmen der Sperrklausel vorsehen. Er kann die Sperrklausel aber auch auf andere Weise modifizieren: So verweist das BVerfG etwa auf die Möglichkeit, die Sperrklausel abzusenken, sie regionalisiert oder landesbezogen auszugestalten oder aber die Sperrklausel dadurch abzumildern, dass ein alternativer Zugangsweg zum Sitzverteilungsverfahren geschaffen wird, wie dies die frühere Grundmandatsklausel getan hat. Das BVerfG hat die vorläufige Weitergeltung der Sperrklausel angeordnet, allerdings mit der Maßgabe, dass bei der Sitzverteilung Parteien, die weniger als fünf Prozent der bundesweit abgegebenen gültigen Zweitstimmen erhalten haben, nur dann nicht berücksichtigt werden, wenn ihre Bewerber in weniger als drei Wahlkreisen die meisten Erststimmen auf sich vereinigt haben. Damit gilt faktisch die frühere Grundmandatsklausel fort, bis der Gesetzgeber eine andere Regelung getroffen hat.
Quelle:
www.bundestag.de/parlament/wahlen/wahlrecht-inhalt-975000
Gemeinde Altenholz,
Der Bürgermeister,
Amt für Bürgerdienste und Gefahrenabwehr
Liebe Altenholzer Bürgerinnen und Bürger,
auch wenn Altenholz im Wahlkreis 5 (bestehend aus Altenholz, Kiel und Kronshagen) nur einen kleinen Teil einnimmt, bitte ich Sie, unbedingt an der Bundestagswahl teilzunehmen – Demokratie lohnt sich immer!
Herzliche Grüße,
Ihr Bürgermeister Mike Buchau